Hänsel und Gretel des LJO und der HfMT Köln

Deckblatt des Programmheftes (c) HfMT Köln

Deckblatt des Programmheftes (c) HfMT Köln

Der große Saal der Kölner Musikhochschule wurde am Wochenende einmal mehr Schauplatz einer vollständigen Operninszenierung. Humperdincks “Kinderstubenweihfestspiel” wurde dargeboten von Solisten (Gesangsstudenten) der Musikhochschule, die instrumentale Begleitung wurde eine Meisterprüfung für das Landesjugendorchester NRW unter Leitung von Prof. Stephan Wehr.
Eins vorweg: neben den ewig durchgesessenen Plätzen der Musikhochschule gab es fast nix zu meckern.

Hut ab, vor den Jugendlichen des Auswahlorchesters, die neben ihrem Schulalltag fünf Abende (4 Aufführungen plus GP) in Folge Komplettaufführungen zustande brachten, die konzentriert und spannungsvoll musiziert wurden. Hut ab auch vor den Bläsersolisten (natürlich vor Allem die Hörner zu nennen), die trotz kleinerer Patzer (z.B. Freitag ausgerechnet im allerersten Ton…) keine Nerven zeigten und ihre quantitative Hochbelastung mit äußerlicher Ruhe zu Ende spielten.
Auch Kompliment den Streichern, die ihrerseits die Dauerbelastung der “unendlichen Melodie” mit wenigen Konzentrationsschwankungen überzeugend darboten.
Woran selbst Profiorchester hart arbeiten müssen, zeigten die teilweise sehr jungen Ensemblemitglieder motiviert und spannungsvoll, was zwar manchesmal in zu starker Dynamik mündete, aber stets zu verzeihen war. Einzig den Schlagzeugern könnte vereinzelt noch etwas Sinn fürs Feine vermittelt werden.

Mut machend und überzeugend waren meiner Ansicht nach die Nachwuchstalente des Kölner Solistenhimmels. Mangels Vergleichsmöglichkeit sind hier die Studentinnen und Studenten der Freitagsaufführung gemeint…

Schon zu Beginn war eine angenehme “Genderausgeprägtheit” der beiden Sopranistinnen der Titelrollen (Eva Marie Gemeinhardt als Hänsel und Hiltrud Kuhlmann als Gretel) zu erkennen. Notgedrungen macht die stimmliche Anforderung und Ähnlichkeit der beiden Kinderrollen nicht nur eine musikalische Sicherheit, sondern auch ein geschicktes Spiel unentbehrlich – und ich finde in Beidem haben Beide überzeugt. Textverständlich und Durchkommend machte es Freude beiden in den Wald zu folgen, sicher – man könnte Ihnen etwas klischeelastige Interpretation der typischen Jungs/Mädchen-Bewegungsmuster anlasten, aber wo wenn nicht in solch einer jugendfreundlichen Inszenierung, darf es auch einfach mal den Spielern und den Zuschauern sichtbar Freude machen!

Spielfreude und Spaß beherrscht und vermittelt auch der Bariton Sang Wook Bang, der die Rolle des Familienvaters ausfüllt. Anfängliche Skepsis zur Aussprache wich schnell der Achtung seiner tollen Interpretation und Ausdrucksfreude.

Über die Inszenierung vermag ich als gestaltend-künstlerisch-unbegabter Mensch nichts zu sagen. Die Inszenierung bot, ich sag es mal so, gutbürgerliche Hausmannskost: es gab Bäume, einen grünen Hintergrund und ein “echtes” Lebkuchenhaus, eine Hexe, einen Ofen usw. Also nichts zu meckern, aber auch nichts Umwerfendes.
Interessanter Aspekt der Inszenierung war höchstens noch der Umstand des rätselhaften Überlebens der Hexe. Sie überlebt, es macht Puff (Pyrotechnik, warum?…), und fortan lebt sie (kamellewerfend, warum?) mitten unter uns. Wären da nicht die Mädchen und Jungen des Kölner Doms (die übrigens ihren Part  sicher inne hatten), die der Hexe schon zu zeigen wussten, dass sie fortan nichts mehr zu melden habe, das Ende wäre irritierend gewesen.
So bleibt die sicher sehr legitime und zeitgemäße Erkenntnis, dass das Böse nur durch Empfänglichkeit in der Gesellschaft überhaupt eine Chance zu gedeihen hat.

Abschließend sei die hervorragende Arbeit der gestaltungssicheren Studierenden der Wissenswerkstatt zu aktuellen Hochschulprojekten angemerkt. Selten im großen Konzertbetrieb konnte man eine derart gute Gestaltung der Papeterie vorfinden. Von den Einladungen über die Plakate bis hin zu den Eintrittskarten und einem auf den Punkt ausgestalteten Programmheft (kostenlos!) stimmte es einfach.

Alles in Allem eine gelungene, jugendlich-ambitionierte vollständige Operninszenierung mit Allem Drum und Dran.

2 Gedanken zu „Hänsel und Gretel des LJO und der HfMT Köln

  1. Hochschule für Musik und Tanz Köln

    Nur als kleine Korrektur: Die Materialien (Programmheft, Flyer, Plakate, Eintrittskarten) wurden nicht von den Studierenden erstellt. Diese haben die Texte für das Programmheft in einem Seminar erarbeitet und das ist ebenso hervorragend gelungen.
    Die Materialien erstellt nach wie vor die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule unter tatkräftiger Mitwirkung der Graphikerin Silke Assmann. Bebildert wurde das Heft mit den Figurinen von unserer Kostümbildnerin Angela C. Schuett.

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